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goal setting autonomyZwecksetzungsautonomie (ger.)

  • The ability of deliberately setting and justifying aims for subsequent behavioural acts.
    culture Homo fines-deligens
    1703

    [Sapientia est potentia Mentis actionum suarum finem ultimum constituendi, & media certa & optima eidem consequendo adhibendi, finesque intermedios ita sibi invicem subordinandi, ut pulchre conspirent ad finem ultimum. [Weisheit ist das Vermögen des Geistes, sich einen letzten Zweck seiner Handlungen zu setzen und die sicheren und besten Mittel, ihn zu erreichen, anzuwenden und die mittleren Zwecke einander wechselseitig so unterzuordnen, daß sie in Richtung auf den letzten Zweck vortrefflich zusammenwirken.]

    Wolff, C. (1703). Philosophia practica universali mathematica methodo conscripta: Definitio XIII [Germ. transl. by Michael Albrecht, in: Rede über die praktische Philosophie der Chinesen, Hamburg 1985: 129].]

    1735

    [Was [...] die Ausübung [der Welt-Weisheit] anlangt, so läuft dieselbe endlich gantz und gar darauf hinaus, daß, nachdem jemand sich einen allerletzten Endzweck gesetzt hat, auf welchen alles sein Thun und Lassen in seinem gantzen Leben abzielen soll, so wie solcher Endzweck dem Natur-Gesetze gemäß ist: so sollen alle Handlungen darnach eingerichtet werden, daß man sich der dahin leitenden besondern Endwecke als Mittel bediene.

    Wolff, C. (1735). Von den Vorlesungen über die ausübende Weltweisheit (philosophia practica). In: Des weyland Reichs-Freyherrn von Wolff übrige theils noch gefundene Kleine Schriften und einzelne Betrachtungen zur Verbesserung der Wissenschaften, Halle 1755, 678-693: 683-4 (§15).]

    1793

    [[Der Mensch ist] das einzige Wesen auf Erden, welches Verstand, mithin ein Vermögen hat, sich selbst willkürlich Zwecke zu setzen

    Kant, I. (1790/93). Kritik der Urtheilskraft (AA, vol. V, 165-485): 431.]

    1798

    [Das Vermögen sich überhaupt irgend einen Zweck zu setzen ist das Charakteristische der Menschheit (zum Unterschiede von der Thierheit)]

    Kant, I. (1797/98). Metaphysik der Sitten (AA, vol. VI, 203-493): 391.]

    1798

    [Es bleibt uns also, um dem Menschen im System der lebenden Natur seine Classe anzuweisen und so ihn zu charakterisiren, nichts übrig als: daß er einen Charakter hat, den er sich selbst schafft, indem er vermögend ist, sich nach seinen von ihm selbst genommenen Zwecken zu perfectioniren; wodurch er als mit Vernunftfähigkeit begabtes Thier (animal rationabile) aus sich selbst ein vernünftiges Thier (animal rationale) machen kann

    Kant, I. (1798). Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (AA, vol. 7, 117-333): 321.]

    1823

    [Das wählende, zwecksetzende Ich ist eine Thatsache des Bewußtseyns, ein unumstößliches Zeugniß für die Selbstständigkeit des Einzelnen. Zwar ist auch dem Menschen in seiner Anlage seine Bestimmung vorausbestimmt, welche in unwillkürlichen Gewissensregungen sich verkündet – aber nicht als etwas Nothwendiges, sondern blos Mögliches, dessen Verwirklichung von der freien Selbstbestimmung des Einzelnen abhängt. Des Thieres ganze Bestimmung ist in seiner Gattungsanlage vollendet; indem es lebt, erfüllt es sie. In der Gattung, nicht im Einzelwesen, das in jener entsteht und untergeht, lebt eine zwecksetzende Kraft; das Thier ist ein zweckthätiges, kein zwecksetzendes Wesen.

    Follen, K. (1823). Ueber die Bestimmung des Menschen (Beschluß). Wissenschaftliche Zeitschrift herausgegeben von Lehrern der Baseler Hochschule 1, 37-113: 89.]

    1868

    [Wir sind der Ueberzeugung, daß ein zwecksetzendes Wesen nur ein reflectirendes, denkendes Wesen sein kann, und daß hienieden ein solches nur der Mensch ist. Das Thier denkt nicht, reflectirt nicht, setzt nicht selbst Zwecke, und wenn es dennoch zweckmäßig handelt, so muss ein Anderer für dasselbe gedacht haben.

    Altum, B. (1868). Der Vogel und sein Leben: 7.]

    1916-17

    [wenn man unter »zwecksetzend« die bewußt vernünftige Form des Zweckes und der beliebig verlängerten Mittelreihe versteht, dann ist nur der Mensch zwecksetzend.

    Simmel, G. (1916-17). Vorformen der Idee. Aus den Studien zu eine Metaphysik (Gesamtausgabe, vol. 13, Frankfurt/M. 2000, 252-298): 257; id. (1918). Lebensanschauung. Vier metaphysische Kapitel (Gesamtausgabe, vol. 16, Frankfurt/M. 1999, 209-425): 247.]

    1987

    [Die gelernte Regung (das Verhalten, mit dem wir reagieren) ist ein Streben, das ein Ziel hat: das Vermeiden des Reizes (Weg!) oder das Erreichen des Reizes (Hin!). Das zielstrebige Verhalten ist kein zweckmäßiges Handeln – aber beides muß gelernt werden. Für uns Menschen kommt die Besonderheit hinzu, daß wir uns das durch unser Verhalten erstrebte Ziel als Zweck setzen können. […] Da das Setzen von Zwecken aufgrund von Überlegungen geschieht (die Tugend der Besonnenheit sei vorausgesetzt), können wir unsere Zwecke auch erstrebten Zielen entgegensetzen: wir brauchen nicht nur zu reagieren.

    Lorenzen, P. (1987). Lehrbuch der konstruktiven Wissenschaftstheorie: 263.]

    1998

    Die Geschichtlichkeit technischen Handelns zeigt sich einerseits in den Beschränkungen durch Folgen eines nicht mehr ungeschehen zu machenden, früheren (eigenen oder fremden) Handelns und andererseits in den durch bewährte Wissensbestände eröffneten Handlungsmöglichkeiten – durch Mittelwissen und durch die Zwecksetzungsautonomie, diese auf neue Zwecke hin umzudeuten und zu verwenden.

    Janich, P. (1998). Die Struktur technischer Innovationen. In: Hartmann, D. & Janich, P. (eds.). Die kulturalistische Wende. Zur Orientierung des philosophischen Selbstverständnisses, 129-177: 164; cf. 171.

    2001

    Menschen [zeigen] neben Handlungen auch Verhalten […]. Dieses stößt uns zu, hat also Widerfahrnischarakter. Erschrecken, Stolpern oder Erkranken sind als Beispiele genannt worden. Auch die Vorgänge des Kreislaufs, des Stoffwechsels, des Alterns, Reflexe wie Lidschließ- oder Kniesehnenreflex, das Halten von Balance beim Überschreiten eines schmalen Balkens oder beim Radfahren usw. sind weitere Beispiele. Sie unterscheiden sich, nach den gegebenen Erläuterungen, vom Handeln dadurch, daß sie sich nicht frei gesetzten Zwecken verdanken. Wir unterscheiden nicht Gelingen und Mißlingen, nicht Erfolg und Mißerfolg, wenn wir uns verhalten. […] Handlungsvermögen [lässt sich] charakterisieren als die Fähigkeit, die Zwecke des eigenen Handelns selbst und ohne Anleitung anderer Menschen zu setzen (Zwecksetzungsautonomie), in eigener Zuständigkeit die für den Erfolg des Handelns geeigneten Mittel zu wählen (Mittelwahlrationalität) und für die Folgen des Handelns die moralische und rechtliche Verantwortung zu übernehmen (Folgenverantwortlichkeit).

    Janich, P. (2001). Logisch-pragmatische Propädeutik. Ein Grundkurs im philosophischen Reflektieren: 57; 63.

    2008

    Gegenüber der idealtypischen „Person“ als Besitzerin von Zwecksetzungsautonomie, Mittelwahlrationalität und Folgenverantwortlichkeit ist die alltägliche, realtypische Menschlichkeit zu fassen als eine offene, historisch sich wandelnde Liste von (zunächst kultürlich und historisch contingent) zugeschriebenen Qualitäten (im Unterschied zu den beschriebenen etwa der Naturwissenschaften). […] Der Mensch ist […] das einzige zweckrationale Wesen, das seine Ziele selber setzt

    Janich, P. (2008). Was ist der Mensch? In: Ganten, D. et al. (eds.). Was ist der Mensch?, 124-126: 125-6.