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distanceDistanz (ger.)

  • 1) A fundamental category of aesthetics according to which art presents things apart from its utilitarian value as things in themselves.
    culture
    1896

    [Es] stiftet jede Kunst eine Entfernung von der Unmittelbarkeit der Dinge, sie läßt die Konkretheit der Reize zurücktreten und spannt einen Schleier zwischen uns und sie […] Formen, die in allen Künsten heimisch sind, stellen uns in eine Distanz von dem Ganzen und Vollen der Dinge, sie sprechen zu uns »wie aus der Ferne«

    Simmel, G. (1896). Soziologische Ästhetik (Gesamtausgabe, vol. 5. Aufsätze und Abhandlungen 1894-1900, ed. H.J. Dahme & D.P. Frisby, Frankfurt/M. 1992, 197-214): 209; 211; cf. id. (1900). Philosophie des Geldes (Frankfurt/M. 1989): 658; 660.

    1900

    Worauf es ankommt, um die Eigenbedeutung der Dinge zu erkennen, das ist doch die Distanz, die sich zwischen ihnen und unserem Aufnehmen bildet. […] Lebensprinzip aller Kunst: uns den Dingen dadurch näher zu bringen, daß sie uns in eine Distanz von ihnen stellt […] Wer es nicht anders kennt, als in unmittelbarer Berührung mit der Natur zu leben, der mag ihre Reize wohl subjektiv genießen, aber ihm fehlt die Distanz zu ihr, aus der allein ein eigentlich ästhetisches Betrachten ihrer möglich ist, und durch die außerdem jene stille Trauer, jenes Gefühl sehnsüchtigen Fremdseins und verlorener Paradiese entsteht, wie sie das romantische Naturgefühl charakterisieren.

    Simmel, G. (1900). Philosophie des Geldes (Frankfurt/M. 1989): 41; 659; 666.

    1912

    Distance is a factor in all Art

    Bullough, E. (1912). Psychical distance as a factor in art and an aesthetic principle. British Journal of Psychology 5, 87-117: 90.

    1951

    Wo aber Distanz ist, da ist ›Schönheit‹ auch immer mindestens möglich. Nun gründet aber […] die, Schönheit ermöglichende, Distanz selbst noch einmal in der Tatsache der sozialen Distanz.

    Anders, G. (1951). Kafka pro und contra. Die Prozeß-Unterlagen. In: Mensch ohne Welt. Schriften zur Kunst und Literatur (München 1984, 45-131): 93.

    1970

    Ästhetische Erfahrung legt zwischen den Betrachtenden und das Objekt zunächst Distanz.

    Adorno, T.W. (1970). Ästhetische Theorie (Frankfurt/M. 1973): 514.

    1986

    Ausschließlich die Distanz des Vergnügens in der Anschauung errichtet das Reich des Schönen

    Grimminger, H. (1986). Die Ordnung, das Chaos und die Kunst. Für eine neue Dialektik der Aufklärung: 161.

    1991

    Die ästhetische Erfahrung […] ist eine Erfahrung sui generis […;] man erfährt, daß man eine spezifisch andere Erfahrung macht – nämlich eine, die ihrer Struktur nach nicht auf Empathie, sondern Distanzierung beruht […,] daß alles auch außerhalb seines Kontextes gesehen werden kann. In einer Paraphrase von Nietzsche ließe sich sagen: Die ästhetische Erfahrung – sowohl nach ihrer Produktions- wie nach ihrer Rezeptionsseite hin –, ist die Entwertung aller Werte

    Liessmann, K.P. (1991). Ohne Mitleid. Zum Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie mit ständiger Rücksicht auf Theodor W. Adorno: 277.

    2004

    Ä.D. wird seit dem 18. Jh. als konstitutive Bedingung für die Erfahrung der Schönheit in Natur und Kunst aufgefasst, als Bedingung eines »interesselosen Wohlgefallens« (Kant, Schopenhauer).

    Henckmann, W. (2004). Distanz, ästhetische. In: Lexikon der Ästhetik, 73-74: 73.

  • 2) Man’s reflexive attitude towards his external and internal natural condition which allows him to be at variance with his biological determination.  
    culture
    1924

    in Nichts kann der Mensch seine Freiheit reiner beweisen als in der Distanz zu sich selbst.

    Plessner, H. (1924). Grenzen der Gemeinschaft (Gesammelte Schriften, vol. 5, Frankfurt/M. 1981, 7-133): 94.

    1928

    In doppelter Distanz zum eigenen Körper, d.h. noch vom Selbstsein in seiner Mitte, dem Innenleben, abgehoben, befindet sich der Mensch in einer Welt, die entsprechend der dreifachen Charakteristik seiner Person Außenwelt, Innenwelt und Mitwelt ist.

    Plessner, H. (1928). Die Stufen des Organischen und der Mensch (Berlin 1975): 293.    

    1928

    Das Tier hat keine ›Gegenstände‹: es lebt in seine Umwelt ekstatisch hinein, die es gleichsam wie eine Schnecke ihr Haus als Struktur überall hinträgt, wohin es geht – es vermag diese Umwelt nicht zum Gegenstand zu machen. Die eigenartige Fernstellung, diese Distanzierung der ›Umwelt‹ zur ›Welt‹« bilde dagegen ein Spezifikum des Menschen.

    Scheler, M. (1928). Die Stellung des Menschen im Kosmos (Bonn 1991): 40.

    1929

    Bewußtes Distanzschaffen zwischen sich und der Außenwelt darf man wohl als Grundakt menschlicher Zivilisation bezeichnen

    Warburg, A. (1929). Mnemosyne. Einleitung. In: Der Bilderatlas Mnemosyne, 2. ed. Berlin 2003, 3-6: 3.

    1929

    Alle Erkenntnis der Welt und alles im engeren Sinne ›geistige‹ Wirken auf die Welt erfordert, daß das Ich die Welt von sich abrückt, daß es, im Betrachten wie im Tun, eine bestimmte ›Distanz‹ zu ihr gewinnt. Das tierische Verhalten kennt diese Distanz noch nicht: das Tier lebt in seiner Umwelt, ohne sie sich in dieser Weise gegenüberzustellen und sie, kraft dieser Gegenüberstellung ›vorzustellen‹

    Cassirer, E. (1929). Philosophie der symbolischen Formen, vol. 3 (Darmstadt 1994): 322-3.

    1933

    Das geistige Bewußtsein setzt ein mit der Ablösung aus der Spannung, dem Freiwerden vom Triebe, der Distanz zur Sache, mit der es zu tun hat. Es beschränkt sich nicht auf das, was das Individuum vital angeht. Seine Umwelt ist nicht durch Bedürfnis und Bedrängnis seligiert, sie ist inhaltlich erweitert, ist streng genommen ohne angebbare Grenzen, kann sich ausdehnen, soweit Erfahrung und Vermutung sie führen. Sie zeigt damit grundsätzlich ein anderes Verhältnis zur wirklichen Welt, in der das Individuum lebt: ein objekives Verhältnis des Eindringens und Erfassens.

    Hartmann, N. (1933). Das Problem des geistigen Seins: 94.

    1934

    [Es ist] die für den Menschen konstitutive Fähigkeit, Distanz zu den Dingen zu halten und damit die Welt des Umgangs, die uns, wie dem Tier, dicht auf dem Leib sitzt, zu vergegenständlichen, in gegliederten Gestalten und ausgedehnten Horizonten zu überschauen

    Rothacker, E. (1934). Geschichtsphilosophie: 99.

    1938/41

    Mensch : Tier = Distanz : Drang

    Rothacker, E. (1938/41). Die Schichten der Persönlichkeit: 61.

    1950

    Weil Lächeln eine Lockerung verrät, deren das Tier durch seinen Mangel an Distanz zum eigenen Leib und dem ihm entsprechenden Umfeld nicht teilhaftig werden kann, hat es für den Lächelnden jenen spielerischen Zug, der zum Spiel mit ihm, zum Mienenspiel verlockt; […] in jedem Lächeln […] [kommt] jene spezifische Distanz zum Vorschein […], welche allen menschlichen Monopolen, nicht zuletzt der Sprache, zugrundeliegt.

    Plessner, H. (1950). Das Lächeln. In: Zwischen Philosophie und Gesellschaft. Ausgewählte Abhandlungen und Vorträge, Bern 1953, 193-203: 200-1.

    1994

    for a creature with a merely animal life the milieu in which it lives can be no more than a succession of problems and opportunities […] the orientation lacks the freedom and distance that would be required for it to be an orientation to the world at all.

    McDowell, J. (1994). Mind and World: 116.

    1997

    Der Mensch nimmt seiner lebensgeschichtlichen Determination ungeachtet dieser gegenüber eine gewisse Distanz ein. Er hat neben dem Lebensdienlichen auch anderes im Auge. Er ist dazu jedenfalls imstande. Er vermag sich den Ansprüchen des Lebens gegenüber souverän zu verhalten. […] Die Lebensbelange sind nachrangig […]; sie sinken dazu herab, Träger eines Überbaus zu sein

    Flach, W. (1997). Grundzüge der Ideenlehre. Die Themen der Selbstgestaltung des Menschen und seiner Welt, der Kultur: 62.

    1998

    Die menschliche Welt ist eine Welt der möglichen (zeitlichen und kognitiven) Distanz zur eigenen Welt und jeweils einigen ihrer Wirklichkeiten; in den Umwelten tierischen Lebens existieren solche Distanzen und Differenzen nicht.

    Seel, M. (1998). Freie Weltbegegnung. In: Steinfath, H. (Hg.). Was ist ein gutes Leben? Philosophische Reflexionen, 274-296: 283.

    2006

    In der deskriptiv darstellbaren Mannigfaltigkeit der Leistungen des Menschen läßt sich das Einheitsprinzip am ehesten unter dem Stichwort ›Distanz‹ erfassen. Eine Antwort auf die Frage, wie der Mensch möglich sei, könnte daher lauten: durch Distanz.

    Blumenberg, H. (2006). Beschreibung des Menschen: 570.

    2012

    Die Schaffung von Distanz und die Fähigkeit zur Vergegenständlichung, wodurch Ängste verringert, Reflexionen ermöglicht, Sachverhalte konstruiert, Handlungsoptionen vergrößert werden und damit insgesamt die räumlichen und zeitlichen Horizonte des Daseins ausgedehnt und kontrolliert werden – darin bestehen die elementaren Kulturleistungen.

    Böhme, H. (2012). Kulturwissenschaft. In: Konersmann, R. (ed.). Handbuch Kulturphilosophie, 31-39: 33-4.