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self-organizationSelbstorganisation (ger.)

  • The formative process or the increase of complexity of an organization, in as much as this process is not controlled by exterior influences but subject to the system's structure itself or previous systems.
    1747

    [Le corps humain est une Machine qui monte elle-même ses resorts

    La Mettrie, J.O. de (1747). L’homme machine (Hamburg 1990): 34.]

    1798

    Ein Naturproduct, das zugleich als Kunstproduct beurtheilt wird, heißt ein Naturzweck. Beyde Bestimmungen sind alsdenn in einem Dinge vereinigt, wenn sich das Mannigfaltige desselben wechselseitig wie Ursache und Wirkung verhält; wenn also jeder Theil des Mannichfaltigen Anlagen hat, denen Anlagen in andern Theilen entsprechen. Diese Beschaffenheit findet sich in allen organisirten Naturwesen, und zeigt sich ihnen in einer dreyfachen Beziehung, auf seine Erhaltung, sein Wachsthum, und die Erzeugung seines Gleichen. Hier läßt sich ein Begriff dessen, was das Ding seyn soll, absondern, und das Ding selbst als durch eine Causalität entstanden denken, die nach diesem Begriffe wirkte; oder, das Ding läßt sich als Zweck denken. Es muß aber doch immer als Naturproduct gedacht werden, weil es ein Ding ist, das sich selbst organisirt, oder dessen Materie die Anlagen zur Selbstorganisation in sich hat. Bey einem Naturzwecke muß der Begriff von dem Dinge als die Ursache desselben vorgestellt werden, und die Caussalität, sich selbst zu produciren, muß in dem Dinge selbst liegen. Darin, daß beyde Merkmale sich in dem Naturzwecke vereinigen, liegt der Unterschied desselben von einem bloßen Naturproducte und einem bloßen Kunstproducte. Wird das Ding als Naturzweck beurtheilt, so muß jeder Theil als Organ, nicht bloß als um des andern willen daseyend, sondern auch als die andern Theile hervorbringend gedacht werden.

    Buhle, J.G. (1798). Entwurf der Transscendentalphilosophie: 334-5 (§429-30); cf. id. (1804). Geschichte der neuern Philosophie seit der Epoche der Wiederherstellung der Wissenschaften, vol. 6: 717; id. (1804). Lehrbuch der Geschichte der Philosophie und einer kritischen Literatur derselben, vol. 8: 648 (§2203).

    1799

    [their [i.e. certain gentlemen’s] self-organization, election of a committee, and publication of their manifests

    Jefferson, T. [1799]. [Letter to J.T. Callender of Sept., 6]. The Balance, and Columbian Repository 4 (1805) (Nr. 18): 141; also in: The Papers of Thomas Jefferson, vol. 31 (ed. B.B. Oberg, Princeton 2004, 179-180): 180.]

    1802

    The right of self-organization [original French version: Le droit de se constituer] acquired by Helvetia, is one of the glorious results of the war which France sustained against the most powerful armies of Europe, and of the treaties by which that war was terminated.

    Tall[e]yrand, C.M de (1802). Letter of the Minister of Foreign Relations to M. de Cetto. Bell’s Weekly Messenger 31 Oct. 1802: 347.

    1811

    Were matter capable of self-organization […] there would be great incongruity and contrariety in the several parts of the same animal or vegetable

    Bidlake, J. (1811). The Truth and Consistency of Divine Revelation: 42; also in 2nd ed. (1813): 42.

    1834
    the effusion of coagulable lymph, that is, fibrine, in the air-cells of the lung, where it exerted its instinctive faculty of self-organisation
    Carbutt, E. (1834). Clinical Lectures in the Manchester Royal Infirmary: 146.
    1838
    the earth, which contains no mental system of self-regulation within, and thereofore no means of self-organisation
    Rooke, J. (1838). Geology as a Science: 12.
    1844

    The fibrinous mass or layer separates to form the rudiments of organic structure, viz. fibrils and exudation corpuscles; according to the general law to which such fibrin is obedient, that, when effused from, and remaining in contact with a living texture not truly inflamed, it has a strong tendency towards self-organization, assuming the simple structure of fibrocellular tissue. 

    Miller, J. (1844). The Principles of Surgery: 80.
    1845
    the interesting question as to whether the blood of the extravasation retained its vital properties, and had the capacity of self-organisation
    Burrows, G. in: Hewett, P. (1845). On extravasations of blood into the cavity of the arachnoid membrane. London Medical Gazette 1 (Feb. 21), 684-687: 685.
    1859
    In nature, life always needs a definite time for self-organization, – and it is only ephemeral beings which are quickly formed
     Bautain, L. (1859). The Art of Extempore Speaking (n.trans.): 178.
    1860

    Unmöglich kann die Materie sich selbst organisiren; wenigstens kann der menschliche Verstand, dem die Materie blos als räumliches Dasein erscheint, eine solche Selbstorganisation [des Lebens] niemals begreifen

    Fischer, K. (1860). Immanuel Kant. Entwicklungsgeschichte und System der kritischen Philosophie, vol. 2: 661.

    1865

    Leben ist Organisation, Selbstorganisation

    Fischer, K. (1865). System der Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre, 2nd ed.: 524 (not in the first ed. 1852).

    1872

    the power of healthy self-organisation [...] one of the attributes of life

    Bree, C.R. (1872). An Exposition of Fallacies in the Hypothesis of Mr. Darwin: 100-1.

    1872

    die Selbstorganisation der Materie

    Fischer, K. (1872). Geschichte der neueren Philosophie, vol. 6. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: 443.

    1881
    it was the lymph substance that had the power of self-organisation, as distinguished from any influence that surrounding tissues might exert upon it
    Lister J. (1881). President’s address. Trans. Clinical Soc. Lond. 14, xliii-lxiii: lxiii.
    1898
    self-organization of life
    Shaw, G.B. (1898). The Perfect Wagnerite (Major Critical Essays, London 1948, 151-279): 174.
    1922

    Selbstorganisation des pflanzlichen und tierischen Individuums

    Arx, M. von (1922). Körperbau und Menschwerdung. Konstruktionspläne nach der Ballontheorie und dem Prinzip der statischen Gleichgewichtslage enthüllt durch eine Kausalanalyse der menschlichen Beckenform: 357; cf. viii; 246-7; 249; 362.

    1924

    Der Bildungsprozeß, in dem sich die Natur befindet, ist zugleich ein Prozeß des Lebens, der Selbstorganisation

    Kroner, R. (1924). Von Kant bis Hegel, vol. 2. Von der Naturphilosophie zur Philosophie des Geistes: 18.

    1934

    Lebendiges ist sich selbst Erzeugendes. Nicht die Gestaltung, sondern die Selbstgestaltung macht das Leben aus. Deshalb ist das Leben auch zu Ende, wo die Selbstgestaltung aufhört. Wenn Lebendes nicht mehr in der Bewegung der Selbsterzeugung steht, ist es zu Grunde gegangen. Nun braucht zwar ein lebender Organismus sich nicht immer tatsächlich fortzupflanzen. Ja, auch das tatsächliche Wachstum ist nicht immer vorhanden. Darin unterscheiden sich in charakteristischer Weise Pflanze und Tier, daß die Pflanze, solange sie Leben hat, auch weiterwächst, das Tier dagegen in einem gewissen Zeitpunkt zu einem Abschluß seiner Wachstumsentwicklung gelangt. Das ganze Leben und Wesen der Pflanze besteht eben in der leiblichen Selbstorganisation, während das Tier, wie wir wissen, mit der Hineinbildung in ein Inneres eine vollkommen neue Daseins- und Wirkungsweise des Lebens besitzt.

    Conrad-Martius, H. (1934). Die »Seele« der Pflanze: 61-1.

    1962
    self-organization
    Foerster, H. von (ed.) (1962). Principles of Self-Organization; Cimutta, J. (1968). Die Merkmale und Kriterien der Höherentwicklung als Resultat der Selbstorganisation der Materie, dargestellt am Problem der Evolution im Tierreich; Eigen, M. (1971). Selforganization of matter and the evolution of biological macromolecules. Naturwiss. 58, 465-528.
    1962
    Self-organizing systems […] involve optimization or in general an orderly change of the systems structure
    Mesarović, M.D. (1962). On self organizational systems. In: Yovits, M.C., Jacobi, G.T. & Goldstein, G.D. (eds.). Self-organizing systems, 9-36: 9.
    1975
    Wir verstehen […] unter ›Sebstorganisation der Materie‹ nichts anderes als die aus definierten Wechselwirkungen und Verknüpfungen bei strikter Einhaltung gegebener Randbedingungen resultierende Fähigkeit spezieller Materieformen, selbstreproduktive Strukturen hervorzubringen
    Eigen, M. & Winkler, R. (1975). Das Spiel (München 1983): 197.
    1980
    Self-organization commonly is considered as a process leading spontaneously from lower to higher levels of organization
    Schuster, P. & Sigmund, K. (1980). Self-organization of biological macromolecules and evolutionary stable strategies. In: Haken, H. (ed.). Dynamics of Synergetic Systems, 156-169: 158.
    1986

    Selbstorganiserende Prozesse sind solche physikalisch-chemischen Prozesse, die innerhalb eines mehr oder weniger breiten Bereichs von Anfangs- und Randbedin-gungen einen ganz bestimmten geordneten Zustand oder eine geordnete Zustandsfolge (Grenzzyklus) einnehmen. […] Das Erreichen des bestimmten Ordungszustands wird dabei nicht oder nicht wesentlich von außen aufge-zwungen, sondern resultiert aus den spezifischen Eigen-schaften der an dem Prozeß beteiligten Komponenten. Der Ordnungszustand wird ›spontan‹ erreicht

    Roth, G. (1986). Selbstorganisation – Selbsterhaltung – Selbstreferentialität: Prinzipien der Organisation der Lebewesen und ihre Folgen für die Beziehung zwischen Organismus und Umwelt. In: Dress, A., Hendrichs, H. & Küppers, G. (eds.). Selbstorganisation. Die Entstehung von Ordnung in Natur und Gesellschaft, 149-180: 153-4.

    1987

    Selbstorganisation bedeutet […], daß das System seine Struktur von innen heraus schafft, ohne daß diese Struk-tur ihm von außen her, etwa durch speziellen Energie-transport, aufgeprägt wird

    Haken, H. (1987). Die Selbstorganisation der Information in biologischen Systemen aus der Sicht der Synergetik. In: Küppers, B.-O. (ed.). Ordnung aus dem Chaos, 127-156: 133.

    1987
    Self-organization is the autonomous passage of a system from an unpatterned to a patterned state whithout the intervention of an external template
    Ortoleva, P., Merino, E., Moore, C. & Chadam, J. (1987). Geochemical self-organization, I: reaction-transport feedbacks and modeling approach. Amer. J. Sci. 287, 979-1007: 979.
    1988
    Mit der Einführung der Selbstorganisation als Grundeigenschaft der Materie ist […] auch gesagt, daß jede Materie a priori ideenträchtig ist. Sie hat die Idee ihrer Selbstorganisation, ihrer Entfaltung, aller Baupläne und Ausformungen in sich. Danach war beim Urknall die Idee des menschlichen Bewußtseins als Möglichkeit schon vorhanden
    Cramer, F. (1988). Chaos und Ordnung. Die komplexe Struktur des Lebendigen: 229.
    1992

    Die durch die dynamische Abhängigkeit zwischen den Komponenten (Größen, Variablen) eines Systems indu-zierten Eigenschaften und Strukturen eines Systems und seiner Komponenten nennen wir selbstorganisiert. Der hiermit bestimmte Begriff von Selbstorganisation be-zieht sich also auf solche Phänomene, die an Systemen und deren Strukturen infolge von Interaktionen ihrer Komponenten auftreten

    Heiden, U. an der (1992). Selbstorganisation in dynamischen Systemen. In: Küppers, G. & Krohn, W. (eds.). Emergenz. Die Entstehung von Ordnung, Organisation und Bedeutung, 57-88: 72.

    1993
    during self-organization there is an increase in agency
    Salthe, S.N. (1993). Development and Evolution: 165.
    2003

    Selbstorganisation w, Bezeichnung für verschiedene Phänomene von spontaner Strukturbildung […] in nichtlinearen dynamischen Systemen

    Kössel, H. (2003). Selbstorganisation. In: Lexikon der Biologie, vol. 12, 435-436: 435.

    2004
    Self-organization is a process by which large scale (macro) order is formed in a system through the promotion of fluctuations at a smaller (micro) scale via processes inherent in the system dynamics, modulated by interations between the system and its surroundings
    Collier, J. (2004). Self-organization, individuation and identity. Rev. Intern. Philos. 59, 151-172: 151.
    2006
    ›Selbstorganisation‹ bezeichne den Prozeß des bestän-digen und eigenständigen Reorganisierens und Wiederherstellens einer vorhandenen Struktur
    Buddensiek, F. (2006). Die Einheit des Individuums. Eine Studie zur Ontologie der Einzeldinge: 34.
    2006

    Selbstorganisation beschreibt den Prozess der Strukturbildung in einem aus Untersystemen oder elementaren Komponenten zusammengesetzten Gesamtsystem. Die Änderung eines äußeren Systemparameters führt durch die lokale Wechselwirkung der Einzelkomponenten ohne den Einfluss einer äußeren Kraft und ohne zentrale Informationsverarbeitung von einem ungeordneten Zustand zu einem Zustand höherer Ordnung.

    Hütt, M.-T. & Marr, C. (2006). Selbstorganisation als Metatheorie. In: Vec, M., Hütt, M.-T. & Freund, A.M. (eds.). Selbstorganisation, 106-126: 106.

    2011

    Die Selbstorganisation ist der Prozess der Entstehung oder Komplexitätssteigerung einer Organisation, insofern dieser Prozess nicht durch Einflüsse von außen kontrolliert wird (»Fremdorganisation«), sondern von der Struktur des Systems selbst oder seiner Vorläufersysteme abhängt.

    Toepfer, G. (2011). Historisches Wörterbuch der Biologie. Geschichte und Theorie der biologischen Grundbegriffe, vol 3: 271.

Krohn, W., Küppers, G. & Paslack, R. (1987). Selbstorganisation – Zur Genese und Entwicklung einer wissenschaftlichen Revolution. In: Schmidt, S.J.S. (ed.). Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, 441-465.

Tyson, J.J. & Kagan, M.L. (1988). Spatiotemporal organization in biological and chemical systems: historical review. In: Markus, M., Müller, S.C. & Nicolis, G. (eds.). From Chemical to Biological Organization, 14-21.

Krohn, W. & Küppers, G. (eds.) (1990). Selbstorganisation. Aspekte einer wissenschaftlichen Revolution.

Paslack, R. (1991). Urgeschichte der Selbstorganisation. Zur Archäologie eines wissenschaftlichen Paradigmas.

Keller, E.F. (2008-9). Organisms, machines, and thunderstorms: a history of self-organization. Historical Studies in the Natural Sciences 38, 45-75; 39.1, 1-31.